Die neue katholische Kirche

Was früher des Öfteren geschah, wiederholte sich in unserer Zeit wieder. Bedingt durch den Bau der Kraftwerke Hinterrhein AG, der Nationalstrasse A13, des Oleodotto del Reno und anderes mehr, nahm die Bevölkerung von Andeer sehr rasch zu. [1] Die Ankömmlinge waren meist katholischer Konfession.

Begreiflicherweise genügte die bisherige kleine Kirche in Rùncs nicht mehr. Eine Erweiterung derselben und auch der Pfarrwohnung wäre kaum befriedigend ausgefallen, zumal der bisherige Standort abseits des Dorfes den meisten Kirchgängern nicht behagte. Nur ein Neubau an anderer Stelle liess eine gute und dauerhafte Lösung erhoffen.

Auf dem Grundstück «Tranter Flimma sura» entstanden anfangs der sechziger Jahre sowohl die neue Kirche wie auch das Pfrundhaus. [2] Es waren beinahe 100 Jahre seit dem Bau der ersten Kirche in «Rùncs» verstrichen.

Die neue katholische Kirche (Fatima)

Die katholische Kirchgemeinde von Andeer wäre nicht in der Lage gewesen mit eigenen Mitteln diese aufwendigen Bauvorhaben auszuführen. Es flossen jedoch reichliche Beiträge von auswärts, sodass die Finanzierung bald gesichert werden konnte.

Am Samstag, den 2. November 1963, erklangen erstmals, die kürzlich eingetroffenen neuen Glocken und verkündeten, dass für die Glaubensbrüder katholischer Konfession ein neuer Zeitabschnitt in ihrem kirchlichen Leben begonnen hatte. Die Einweihung der Kirche hatte tags zuvor durch den Abt von Disentis stattgefunden. [3] In Anwesenheit von viel Volk beider Konfessionen und von namhaften Vertretern aus Nah und Fern fand die eindrucksvolle Einweihung statt. Predigt, Ansprachen, Gebet und Gesang prägten den festlichen Anlass.

Der Kirchenbau mit dem wuchtigen Turm passt gut ins Dorfbild. Das Innere des Gotteshauses ist hell, einfach und ebenmässig wohl gebaut.

Die neue Kirche war der Muttergottes «Fatima» gewidmet. Nun welche Bewandtnis hat es mit diesem Namen? Jährlich pilgern eine Million Katholiken zum Dorfe Fatima in Portugal, wo 1917 dreien Hirtenkindern die Mutter Gottes am Himmel erschienen sein soll.

Eine besondere Bedeutung dieser Erscheinung liegt für die ganze christliche Welt jedoch auch darin, dass die Aufforderung verkündet wurde für die Bekehrung Russlands zum rechten Glauben zu beten. Dieses klare antikommunistische Signal soll in Portugal aber auch anderswo zur Eindämmung der kommunistischen Bewegung viel beigetragen haben. [4]

Die frühere katholische Kirche samt Wohnhaus gingen in Privatbesitz über. Der kleine Turm wurde 1968 abgetragen und die zwei Glocken fanden eine neue Heimat in Flüeli-Ranft in Obwalden, dem Wohn- und Wirkungsort eines ganz berühmten Schweizers, nämlich Nikolaus von der Flühe, 1947 heilig gesprochen. Einzig der Friedhof besteht noch weiter, zu Recht.

  1. Die Einwohnerzahl von Andeer auf rund tausend angestiegen fiel nach etlichen Jahren wieder auf 600 zurück.
  2. Architekt war V. Maissen, Chur.
  3. Wegen eines Spitalaufenthaltes konnte der Bischof von Chur nicht selbst die Einweihung vornehmen und liess sich durch Abt. V. Schönbächler vertreten.
  4. Vergl. «National Geographic» vom Dezember 1980 «Fatima, Beacon of Faith» Seite 832 ff. Text von Jane Vessels.