Das Armenwesen

Armut, Theo von Doesburg

Dasselbe oblag in erster Linie den Nachbarschaften (Bürgergemeinden) und war auf die Unterstützung der eigenen Bürger ausgerichtet. Ein Beschluss aus dem Jahre 1859 besagt:

«Sofern einer armengenössig wird, soll er der «Rod» nach je zwei Tage von jedem verköstigt werden.» [Von jedem bedeutet: von jedem Haushalt].

Gewiss war demjenigen, der auf die «Rod» gehen musste, ein recht erniedrigendes Los beschieden. Der letzte «Rodgänger» in unserem Dorfe starb betagt vor hundert Jahren.

Die beschriebene Art der Fürsorge war allgemein verbreitet. Andeer zählte um die Mitte des 19. Jahrhunderts 45 Bürgerfamilien und sofern ein Dorfbürger vom Schicksal «verdammt» wurde auf die «Rod» zu gehen (die Runde zu machen), so traf es jede Familie, den Armengenössigen 8 Tage im Jahre an ihrem Tisch zu haben. Dies war eine tragbare Belastung, zumal selten einer auf die Rod gehen musste. Dies hatte seinen Grund darin, weil ja die Verwandten des Armengenössigen da waren, um ihm beizustehen, wobei der Kreis der Verwandtschaft bekanntlich recht weit gezogen wurde. Waisenkindern hatten die Paten die notwendige Hilfe zu leisten und nötigenfalls in ihr Haus aufzunehmen. [1]

  1. In früheren Zeiten waren die meisten Familien an fremde, nicht zur Familie gehörende, Tischgänger gewöhnt. Die verschiedenen Hirten mussten verköstigt werden ebenso Handwerker, die auf die «Stör» kamen. Auch Lehrer und Pfarrer wurden wenigstens einmal im Jahre von den bessergestellten Familien zu einem guten Mittagessen eingeladen.