Die kath. Kirche nach der Reformation

Seit der Einführung der Reformation gab es während Jahrhunderten keinen katholischen Kult mehr in unserem Tale. [1]

Einzelne Personen katholischer Konfession, vor allem Handwerker, mögen sich schon in früheren Jahrhunderten vorübergehend in Andeer aufgehalten haben. Sie waren als Zugewanderte und «Andersgläubige» mehr geduldet als willkommen.

Bei der immer wiederkehrenden Ausbeute der Erzvorkommen war die Anwerbung kundiger Knappen unerlässlich. Diese stammten vornehmlich aus katholischen Gegenden wie Tirol, Italien und Süddeutschland. In der Regel verliessen diese Fremdarbeiter unser Tal wieder, wenn die Bergwerke stillgelegt wurden, was gewöhnlich nach kurzer Zeit geschah. Einzelne dieser Zugezogenen blieben aber länger da, wurden sesshaft und gelegentlich auch ins Bürgerrecht aufgenommen. Dies geschah vornehmlich in Ausserferrera aber auch in einigen andern Ortschaften des Schams.

Andeer wird Missionsstation

Erstmals seit dem Einzug der neuen Lehre in unser Tal hielt Regens Gottfried Purtscher von St. Luzi 1808 in Andeer katholischen Gottesdienst. [2] Seine Kirchgänger waren, wie bereits angedeutet, meist Bergknappen. Nach Einstellung der Erzausbeute wanderten diese wieder weg und in Andeer wurde für längere Zeit keine Messe mehr gelesen. Dieser Unterbruch dauerte bis 1852. In jenem Jahre war es Pfarrer Georg Battaglia, der im päpstlichen Heere Militärkaplan gewesen warund bei seinem Bruder in Cazis wohnte, der nunmehr mit diesem die Katholiken in Andeer betreute. Im Winter kam einer der beiden Geistlichen einmal und im Sommer zweimal monatlich in unser Dorf. [3]

Die Volkszählung von 1870 weist in Andeer 583 reformierte und 102 katholische Einwohner aus. In den übrigen Dörfern des Schamsertales sowie im Rheinwald und Avers lebten noch zusätzlich 65 Katholiken. Im Kirchenbuch der evangelischen Kirchgemeinde ist vermerkt:

«Seit den [18]50er und 60er Jahren hat sich die Zahl der hier niedergelassenen Katholiken durchwegs italienischer Nation (vom St. Jakobstal, Cleven usw.) stark vermehrt».

Im Jahre 1862 übernahmen die Kapuzinerväter die Mission. Die Entlöhnung betrug 600 Franken im Jahr und eine zusätzliche Unterstützung von 120 Franken für die Anschaffung von Brennholz. Diese Auslagen wurden bestritten durch die Zinsen des Pfrundkapitals und durch freiwillige Spenden von nah und fern.

Die Kapuziner waren einfache, leutselige und bei der Bevölkerung wohl gelittene Menschen, die auch als Naturärzte, besonders ihrer Heilkräuterkenntnisse wegen, manchen guten Dienst erwiesen. In bester Erinnerung blieb vor allem P. Nazareno da Fabriano.

  1. Segnete ein Katholik das Zeitliche innerhalb von Schams, so erfolgte seine Bestattung im nächst gelegenen katholischen Ort und das war Cazis.

  2. Vergl. Artikel von F. G. Gassmann, Andeer in der «Bündner Hochwacht» vom 11. März 1933 und «Die katholischen Weltgeistlichen Graubündens» von Dr. J. J. Simonet, Domsextar in Chur.

    Regens Gottfried Purtscher geriet einmal bei Nacht vom Pfad in der Viamala ab, kollerte einen Abhang hinunter und der Unfall wäre wohl längere Zeit unbemerkt geblieben. Aber sein kleiner Hund machte Vorbeiziehende durch lautes Bellen und unruhiges Benehmen auf den Unfall aufmerksam, sodass Pfarrer Purtscher gerettet werden konnte.

  3. Später amteten Katecheten vom Waisen-Institut von Paspels hin und wieder als Seelsorger in Andeer sowie Professoren des Seminars St. Luzi in Chur.