Die Wassernutzung

Beinahe in jedem Dorfe waren früher mittels Wasserräder betriebene Kornmühlen, Sägewerke und Walken. Besonders die erst genannten wurden in der beschaulichen Zeit unserer Vorfahren als mechanische Wunder angesehen. Aber auch Gewerbebetriebe anderer Art liessen sich an fliessenden Gewässern nieder. So war es im Flachland und auch in den Bergen. Die Entwicklung war jedoch meist eine Entgegengesetzte. Während im Unterlande aus bescheidenen Anfängen ansehnliche Ortschaften entstanden, verschwanden in unseren Tälern die einstigen Anlagen fast überall. Spärliche Mauerreste, ein im Boden halb versunkener Mühlstein, Spuren eines Bachbettes, oft auch nur mehr der Flurname, weisen auf die einstige Tätigkeit in dieser oder jener Gegend hin.

Die Sägereien rechts des Rheins

Mögen wir heute mit einer gewissen Überheblichkeit an die langsamen Arbeitsmethoden denken, ist es doch erstaunlich, was frühere Geschlechter mit der Wasserkraft vollbrachten. Die Verhältnisse in Andeer sind hierfür besonders aufschlussreich. Lassen wir also die Vergangenheit reden.

Für die Kraftgewinnung waren die Andeerer in erster Linie auf den Rhein angewiesen. Über den Nebenarm des Rheins, «Ual da Sutmùnts» genannt, wurde geschrieben und hingewiesen, dass er im Dorfe Wasserräder bewegte. Als der genannte Bach zu fliessen aufhörte, mussten andere Standorte für die Aufstellung von Wasserwerken gesucht werden. Der Name «Mulinan» am Pigniabach weist in diese Richtung. Dort standen zeitweilig Mühle und Säge. Von längerer Lebensdauer war jedoch die Säge zuoberst im Dorfe, wo der dortige Platz heute noch «Se la Resgia» (auf der Säge) heisst.

Der Rhein hatte sein Bett noch nicht so nahe an die Häuser des Oberdorfes verlegt wie heute. Bis zum eigentlichen Rheinufer breitete sich ein schönes Garten- und Wiesengelände aus, welches vom Dorfe durch einen künstlich angelegten oder vielleicht auch natürlichen Wasserlauf getrennt war.

Übersichtskarte der Mühlen, Betriebe, des Rheinverlaufs und Seitenarme vom 15 Jh bis zur Überschwemmung im Jahr 1834. Der „Ual da Sutmùnts“ hat allerdings nicht bis zu diesem Zeitpunkt bestanden. Er wurde schon im 16 – 17 Jh. zugeschüttet.

Dieser Bach war es, welcher für Säge und Mühle gebraucht wurde. Aus einer Schrift des Jahres 1598 geht hervor, dass der Eigentümer namens Tumasch Luzi gegen die Benützung des Säge- und Mühlebaches durch Dritte Beschwerde einreichte. Er wurde von der Gemeinde abgewiesen, weil die Nachbarschaft stets befugt gewesen sei, dort Wasser zu holen. Der Kläger sei sogar verpflichtet, einen guten Zugang zum Bache zu unterhalten. [1]

  1. Auf dem abgebildeten alten Stich sind die aufgeführten Gebäude erkennbar. Spätere Eigentümer der Säge waren Amann Piccoli und 1773 Johann Conrad und Mathias Salis.