Die Berggüter

Von einem Bauernwesen in unseren Gegenden waren die Berggüter (aclas a culms) nicht wegzudenken. Tief verwurzelt fühlte sich der Bergbauer besonders mit seinem Maiensäss und mit dem freien Leben dort oben. Auch die Jugend freute sich nach Schulschluss im Frühling oder vor Schulbeginn im Herbst auf die ungezwungenen Hirtentage auf den Höhen.

Das Mainesäss Promigiur um das Jahr 1900

Die Andeerer Maiensässe auf der linken Talseite sind: «Promigiur, Bagniel, Burtgas, Molas, Larisch, Pastgaglias, Dros und Cazún». Die beiden Maiensässe «Promigili» wurden aufgeforstet. Auf der rechten Talseite bestehen noch die meisten Maiensässe von «Bagnusch», während diejenigen in der «Rofla» und im «Mut» sowie «igl Crest» und «La Rusna» (letztere zwei zu Bagnusch gehörend) eingewachsen sind bzw. nicht mehr bewirtschaftet werden.

Es folgen hier in gekürzter Form Erlebnisse von Bauernkindern, die sich in früheren Zeiten abspielten:

«Mit unserem Vieh durfte eine Reihe von Jahren meine älteste Schwester Margarete Maiensässen. Ich kann es noch jetzt nachfühlen, wie wohl es mir war, als ich zum ersten Mal die schönen Maiensässwiesen betrat, wo ich wie von den Wolken in das Tal hinuntersah. Ich glaubte halbwegs zum Himmel hinaufgekommen zu sein.

Im Herbst meines neunten Jahres, da meine Schwester mit einer anderen Arbeit betraut werden musste, wagte mein Vater mich allein ins Maiensäss zu lassen. Ich hatte bloss drei Stück Vieh. Meistens lebte ich von Milchspeisen. Nach vierzehn Tagen kam die Schwester, um nachzusehen, wie es mir gehe. Vieh und Stall fand sie in der besten Ordnung. Auch lobte sie meinen Fleiss, als sie den Streue- und Holzvorrat sah. Als sie aber in die Küche und Stube trat, da meine ich, sie noch zu sehen, wie sie über meine Unordnung und Kocherei ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter machte und die Hände über den Kopf zusammenschlug.» [1]

Das Bergheuen war bis zur Zeit unserer Grossväter eine schöne, aber auch beschwerliche Arbeit. Die Verfrachtung des Bergheus ins Tal war zeitraubend und mühsam. Angespannt wurden meist Ochsen oder Pferde, seltener Kühe. Der schmale, kunstgerecht mit Heu beladene Schlitten (stadal) wies eine Ladung von bis zu 500 Kilo auf.

Um den Zugtieren einen besseren Stand zu verschaffen und um ihre Hufe zu schonen, wurden auch Kühe und Ochsen beschlagen und zwar mit 8 Klaueneisen, auch Klappen (clapans) genannt. Die Reise ins Tal dauerte 3 Stunden und die Rückkehr ungefähr dasselbe.

Streckenweise ist der alte Bergweg nach «Burtgas» und «Promigiur» noch erhalten. Auffallend sind die tiefen Rillen oder, Gleise, welche die Holzkufen der Schlitten im Laufe der Jahrhunderte in die Steine des Weges geschliffen haben.

Noch ein Wort über die zu Tal beförderten Heumengen. Ein «Stadalenverzeichnis» aus dem Jahre 1844 – besagt für Andeer 295 und für Clugin 84 Stadale, also ca. 140 Tonnen Bergheu nur für unser Dorf!

  1. Aus der Lebensbeschreibung von Donatus Joos (Auf dem Maiensäss «Molas»)