Der Bau der Landstrasse

Der ehemalige Saumpfad führte von Zillis über Pignia nach Andeer. Säumer und Wanderer gelangten also vom Nachbardorf über «Ruagn» und «Stoc» an das Nordende unserer Ortschaft. [1] Von hier wand sich der schmale Weg zwischen Kirchenhügel und «Bot Radund» zur «Pitschogna» und von dieser durch die später genannte «Veia da las Turvaschs» zum «Platz Burtgas» (Hauptplatz). Die Fortsetzung bildete «La Veia Filistinra» (heute auch «Veia Pintga» genannt) bis zum oberen Brunnen, wo er beim jetzigen Hause Fravi-Pajarola das Dorf wieder verliess, um über «Sut Mùnts» und «Sablùn» nach Bärenburg zu gelangen.

Rot eingezeichnet der Saumpfad durch Andeer. Der Pfad führte von Zillis nach Pignia und dann wieder hinunter nach Andeer.

Der Bau der Landstrasse von Chur nach Süden bedingte eine Anpassung der Wegverhältnisse auch auf dem Gebiet unserer Gemeinde.

Die neue Strasse sollte nicht mehr über Pignia geführt werden, sondern vom «Pessen» nach «Igl Bogn» und von dort in gerader Linie zum nördlichen Dorfeingang. Dadurch wurden die bisherigen Flurwege «Fopp» und «Larisch», welche das Wies- und Ackerland rechts und links der zu erstellenden neuen Strasse bisher erschlossen, überflüssig und deshalb beseitigt.

Im Dorfe selbst entstand die «Veia Granda», die Hauptstrasse, die auch heute beinahe unverändert besteht.

Die damaligen baulichen Vorkehrungen innerhalb und ausserhalb des Dorfes stiessen auf heftige Ablehnung. Auf der ein Kilometer langen Strecke zwischen «Bogn» und Andeer sollte manches schöne Grundstück in Mitleidenschaft gezogen oder gar zerstückelt werden. [2]

Um den Widerstand gegen die Strassenführung auszuräumen, war geschicktes Verhandeln notwendig. Einige führende Männer, darunter auch Pfarrer Matli Conrad und von auswärts zugezogene. Persönlichkeiten, gelang schliesslich die Überwindung der Schwierigkeiten.

Wie bereits angeführt bekam der alte Weg den Namen «Veia Pintga» und die neue Hauptstrasse die Bezeichnung «Veia Granda». Diese beiden Dorf Wege wurden nach der Eröffnung der Passstrasse mit zwei Reihen von Steinplatten belegt. Zwischen diesen Fahrgleisen aus Granit und auch seitlich derselben bedeckte eine Rundkopfpflästerung die beiden Wege. Diese baulichen Ausführungen standen unserem Dorfe sehr gut an und fanden allgemeine Anerkennung namentlich auch deshalb, weil Wagen und kutschen beinahe geräuschlos auf der doppelspurigen Plattenführung dahinrollten.

Im Jahre 1851 wurden folgende Wege und Gassen gepflastert: «La Pitschogna», «La Veia da las Turvaschs», der Aufgang zum Friedhof und 1892 schliesslich auch die «Straglia dad Asens» (heute «Veia Sgraffitto»).

Mitte der 1930er Jahre liess die Gemeinde die «Bsetzisteine» [Pflastersteine] der «Veia Granda» durch eine Flachkopfbogenpflästerung ersetzen und zwanzig Jahre später geschah das Nämliche in der «Veia Pintga». Zum Leidwesen der Einsichtigen musste gleichzeitig auch die Plattenführung weichen. Die Erkenntnis etwas Schönes und Eigenartiges zu erhalten, war nur bei wenigen vorhanden, jedenfalls auch nicht bei den zuständigen kantonalen Instanzen.

1983 beschloss die Gemeindeversammlung, die Fahrbahnplatten wieder zu verlegen. Die inzwischen abgeschlossenen Arbeiten haben zweifellos zur Bereicherung des Strassen- und Dorfbildes beigetragen.

Als Folge des lebhaften Reise- und Warenverkehrs setzte hauptsächlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Belebung der Bautätigkeit ein. Das Siedlungsbild – nämlich dasjenige eines Haufen- und gleichzeitig Strassendorfes – hat sich aber weitgehend erhalten.

In jene Zeit ist die Entstehung folgender Bauwerke einzustufen: Im Jahre 1828 wird an das Gasthaus «Krone» ein Hotel gleichen Namens angebaut. Die Namensänderung auf «Hotel Fravi» erfolgte etwa 40 Jahre später. Auf «Surmira» erfährt das bisherige Schulhaus im Jahre 1848 eine Veränderung und Vergrösserung. Der Bau der Holzbrücke über den Rhein geht auf das Jahr 1856 zurück. Philip Hössli erstellte 1838-41 das Doppelhaus «Mulegn» und in «Rùncs» erstellt die Bergwerksgesellschaft «Del Negri» die Eisenschmelze.

Der heutige Postplatz erfährt Veränderungen durch den Neubau des Geschäftshauses Simon Simonett anno 1833/34. Dreissig Jahre danach wird dieses noch aufgestockt und drei Jahrzehnte später als Gasthaus «Splügen» betrieben.

  1. Der Saumpfad war meist in einem beklagenswertem Zustande, sodass die Benutzer desselben oft seitlich ausscherten, was Schäden an den Fluren verursachte. Durch Anbringung von Abschrankungen längs des Pfades. wurde versucht Abhilfe zu schaffen, doch dies fruchtete wenig.
  2. Die letzten Überbleibsel der einstigen Zerstückelung wurden erst durch die kürzlich erfolgte Güterzusammenlegung beseitigt.