Gottfried Vaihinger aus dem Württembergischen kam als wandernder Schustergeselle wohl im Laufe der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts zu uns. Es gefiel ihm hier, liess sich nieder, gründete mit einer Schamserin einen Hausstand und beendete in Andeer 1923 sein Leben.
Vaihinger war ein tüchtiger Schuster, begeisterter Bergsteiger, passionierter Musikant und dazu noch ein kleiner «Hans Sachs», der sich auch mit Dichten befasste. Den Stoff zu seinen poetischen Eskapaden lieferten meist die Geschehnisse im Dorfe. Seine Gedichte gab er dann bei besonderen Anlässen zum Besten. Damit bewies er immer wieder seine Verbundenheit zu Dorf und Einwohnerschaft.
Hier folgen drei Beispiele aus seinen vielen Aufzeichnungen.
H u m o r |
Wer kennt nicht dieses Bürschchen, |
Das stets uns hebt empor, |
Wenn Sorgen uns bedrücken: |
Den köstlichen Humor! |
Und selbst auf meinem Grabe |
Schreibt er mit flüchtger Hand: |
Hier ruht ein alter Knabe, |
Sein Witz ist uns bekannt! |
Gewöhnlich war er Schuster |
Dazwischen Musikant |
Und später auch noch Dichter |
und sonst noch allerhand. |
Nun schläft er in dem Grunde |
Wo niemand ihn geniesst |
Und seine schlechten Kunden |
Die hat er auch quittiert! |
Musikantenlos (1895) |
(in gekürzter Form wiedergegeben) |
Im Jahre fünfundneunzig |
Bei Märzes Lüfte Wehn |
Da wurde einst gegründet |
Der Musik Auferstehn |
Zur nahen Landsgemeinde |
Will man mit Spiel und Sang |
Drum muss man fleissig üben, |
Damit man etwas kann. |
Nun geht es an ein Lernen |
Und blasen Tag und Nacht |
Und manche Maus und Katze |
Hat sich davon gemacht. |
Wie glänzten da die Augen |
Mit freudevollem Blick |
Als wir gelernet hatten |
Das erste Musikstück. |
Auch der Gemeinde Hilfe |
Soll nicht vergessen sein, |
Die noch zur rechten Stunde |
Gelindert unsre Pein. |
Drum haltet fest zusammen |
Gemeind und Musikant |
Auf dass ihr seid gerüstet, |
Wenn kommt die Splügenbahn. |

An den Pionier der Roflaschlucht |
Bei der tiefen Roflaschlucht |
Wohnt ein Mann voll Arbeitslust, |
Welcher sprengte mit Geschick |
Einen Weg durch den Granit! |
Wandrer gehst du hier vorüber, |
Steig zu diesem Wunder nieder, |
Staunend wirst du dann erfassen, |
Was Natur und Mensch geschaffen. |
Hast gesättigt deinen Blick, |
Kehr zur Wirtin du zurück, |
Welche treue Wache hält, |
Dass man zahlt das Eintrittsgeld! |
Bleibst du aber lange sitzen, |
Musst du viele Rappen schwitzen, |
Denn der Wirtin süsser Wein, |
könnte dir gefährlich sein! |