Alte Schulreglemente

Das erste dieser Art «Tachentaments ca pertegnan tiers la scola» datiert aus dem Jahre 1813. Das andere auf Deutsch abgefasst, wurde 1829 erlassen. Es enthält manche etwas skurril anmutende Vorschrift. Andere Anweisungen und Ermahnungen sind durchaus bemerkenswert und auch heute noch zeitgemäss.

Hier einige Beispiele:

«Die Eltern werden ermahnt, nie auf blosse, einseitige Klagen und Anschuldigungen ihrer Kinder einzugehen, sondern die Angelegenheit vor den Schulrat zu bringen.»

«Von Saufgelagen und Spielgesellschaften soll der Schullehrer sich fernhalten, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen will, sofort entlassen zu werden.»

«Die Strassen brauche der Schüler zum Vorwärtsgehen und nicht zum Stillstehen und zum Herumgaffen und Possen machen. Er grüsse jeden, der bei ihm vorbeigeht und zeige durch sein bescheidenes, leutseliges, freundliches und höfliches Benehmen, dass er ein sittsamer, liebenswürdiger Mensch ist.»

«Willkürliche Strafen besonders den Stock, soll der Schullehrer vermeiden und die Bestimmung der Strafe dem Schulrat überlassen.»

Es ist für jene Zeit bezeichnend, dass von körperlichen Züchtigungen immer mehr abgeraten und empfohlen wird, die Kinder zurechtzuweisen, zu ermahnen und andere aber nicht körperliche Strafen anzuwenden.

Das beliebte «Schwänzen» des Unterrichts wurde durch die folgende Regelung keineswegs eingeschränkt, sondern regelrecht gefördert. Die diesbezügliche Bestimmung lautet:

«Jeder Schüler darf einen Tag pro Woche die Schule auslassen, sofern er vorher den Grund angibt und zwar beim Lehrer und Schulratspräsidenten».

Diese Verordnung führte zu einem skrupellosen Missbrauch. Es gab Schüler und Schülerinnen, die sich bis 40 und mehr versäumte Schultage leisteten. Es ist auch nicht verwunderlich, dass der Schulrat angesichts dieser Schlamperei, die den normalen Ablauf des Unterrichts mächtig störte, einschreiten musste.

Die allemal verhängten Strafen waren jedoch derart lächerlich und nicht unbedingt geeignet, Abhilfe zu schaffen. Ein Schüler, der sich unerlaubterweise 8 Tage lang in Innerferrera herumgetrieben hatte, erhielt einen Verweis und eine Stunde Arrest!

Im Jahre 1835 hatten zwei Knaben von einem mit Weinfässern beladenen Wagen Wein gestohlen und diesem reichlich zugesprochen, sodass sie betrunken waren und die ganze Nacht herumschwärmten. Sie bekamen zwei Stunden Arrest und wurden zusätzlich noch mit je drei «Tatzen». Das waren Schläge auf die Handflächen des zu Bestrafenden. Wegen des Weindiebstahls solle noch untersucht werden. Spätere Hinweise fehlen im Protokoll.

Gegen scheltende und fluchende Kinder musste der Schulrat oft Stellung beziehen. Die Schülerin K. hatte ihre Grossmutter «streia» (Hexe) genannt und musste zur Strafe vor dem Schulrat erscheinen. Es wurden ihr zwei «Tatzen» aufgebrummt. Bevor es aber zur Ausführung dieser Strafe kam, öffnete sich die Stubentüre und die Mutter des Kindes erschien unerwartet und gab die Erklärung ab, sie habe der Tochter ausdrücklich befohlen, die Grossmutter zu beschimpfen und Hexe zu titulieren. Der verdutzte Schulrat vertagte die Sitzung und fällte dann folgenden Entscheid: «Die Schülerin Maria K. erhält ihre zwei «Tatzen» und ihre Mutter einen scharfen Verweis.»

Viel zu schaffen gab der Zustand mancher Kinder, die mit Ungeziefer behaftet waren oder die Krätze (la tegna) und dergleichen hatten. Die Vorschrift, die Kinder hätten sauber gewaschen und reinlich gekleidet zum Unterricht anzutreten, wurde nicht immer befolgt. Von der Krätze oder anderen, ansteckenden Krankheiten befallene Kinder wurden vom Schulbesuch ausgeschlossen.

Recht fortschrittlich mag uns jene Vorschrift anmuten, wonach jeder Schüler der letzten Klasse verpflichtet sei, einen oder sogar mehrere Kirschbäume zu pflanzen. Diese Anordnung blieb wohl toter Buchstabe, da von einer rasanten Zunahme des Kirschbaumbestandes niemand zu berichten weiss.